Den Markt zu schlagen war auch 2023 wieder eine Herausforderung für Fondsmanager. Trotz der günstigen Marktentwicklungen haben im vergangenen Jahr 87 Prozent der aktiv verwalteten Aktienfonds mit Sitz in Deutschland schlechter abgeschnitten als der Vergleichsindex S&P Germany BMI. In den vergangenen zehn Jahren waren es 85 Prozent. Das geht aus der am Dienstag veröffentlichten Untersuchung „S&P Indices Versus Active Funds (SPIVA) Europe Scorecard“ hervor.
In den vergangenen zehn Jahren hat die Mehrheit der in Europa angebotenen Fonds über alle 21 Aktien- und zehn Anleihekategorien schlechter abgeschnitten als der jeweilige Vergleichsindex. „Es gibt immer Fondsmanager, die es schaffen, einige Jahre ihren Vergleichsindex zu überbieten“, sagt Tim Edwards, Leiter Index Investment Strategie bei S&P Dow Jones Indices. Das sei entweder auf Glück oder überdurchschnittliche Fähigkeiten zurückzuführen. Langfristig schaffe es allerdings fast niemand: „Da kann man genauso gut eine Münze werfen.“
Aktive Fonds in Italien besonders schwach
Von den aktiv gemanagten weltweiten Aktienfonds haben im vergangenen Jahr 84 Prozent schlechter abgeschnitten als der S&P World Index. Betrachtet man Aktienfonds für bestimmte Länder ist das Ergebnis sogar noch schlechter. Schlechter noch als deutsche Fonds entwickelten sich in 2023 beispielsweise aktiv gemanagte Fonds in Frankreich. Hier gelang es 90 Prozent der Fondsmanager nicht, den Vergleichsindex zu schlagen. In Italien waren es sogar 98 Prozent.
Deutlich besser – wenn auch nicht gut – sah es dagegen in Großbritannien und der Schweiz aus: 42 Prozent der Manager von britischen Aktienfonds konnten im vergangenen Jahr eine bessere Wertentwicklung als ihr Vergleichsindex vorweisen. In der Kategorie Schweizer Aktienfonds waren es sogar 51 Prozent, die kurzfristig den Index schlagen konnten. Langfristig sieht das Ergebnis allerdings auch nicht anders aus als in anderen europäischen Ländern. In den vergangenen zehn Jahren haben auch die aktiven Aktienfonds in Großbritannien und der Schweiz zu 80 Prozent schlechter abgeschnitten als der Vergleichsindex.
Konzentrierter Markt in Deutschland
„Es gibt viele Gründe für das schlechte Abschneiden der Fondsmanger“, sagt Edwards. „Der Hauptgrund ist die zunehmende Marktkonzentration.“ Der Mehrwert aktiv gemanagter Fonds werde häufig in der Fähigkeit von Fondsmanagern gesehen, vielversprechende Unternehmen jenseits der stark gewichteten großen Blue-Chips zu finden. Je größer deren Anteil am Index und je stärker die Wertentwicklung im Vergleich zum Rest, umso schwieriger sei es für aktive Fonds, diese Entwicklung zu überbieten.
Die zehn größten Aktien im S&P BMI Deutschland hatten 2023 ein Indexgewicht von 52 Prozent, 2021 waren es 46 Prozent. Außerdem schufen sie mehr als die Hälfte der Indexerträge. Diese Schwergewichte kommen ausnahmslos aus dem Dax, allen voran SAP, auf die 4,4 Prozent der gesamten Erträge entfallen, und Siemens mit 3,2 Prozent. Die überproportional gute Entwicklung dieser ohnehin schon großen Bluechip-Werte dürfte dieses Ungleichgewicht weiter verstärken.
Auch auf europäischer Ebene konnten Fondsmanager kein besseres Ergebnis erzielen. Aktienfonds der Eurozone und von ganz Europa schnitten auf Jahressicht zu rund 80 Prozent schlechter ab als ihre Vergleichswerte, über zehn Jahre betrachtet waren es sogar 92 beziehungsweise 95 Prozent. Am schlechtesten schnitten skandinavische Aktienfonds ab. Hier schaffte es seit 2013 nicht einer, den Index zu schlagen.
Viele Fonds werden eingestellt
„Obwohl die Indexschwankungen im Laufe des Jahres relativ niedrig blieben, gab es für aktive Manager durchaus Möglichkeiten, über Länder, Aktien und Sektoren hinweg Chancen“, heißt es in dem Bericht. Die günstigen Marktbedingungen haben dafür gesorgt, dass zumindest eine positive Gesamtrendite 2023 vergleichsweise einfach zu erlangen war. Die breiten Gewinne bei Aktien und Anleihen gleichermaßen sowie die Anzeichen einer „sanften Landung“ haben ebenso wie die sinkende Inflation und die in Aussicht gestellten Zinssenkungen zu einer positiven Entwicklung der Indizes beigetragen.
Laut SPIVA Europe Scorecard wurde knapp jeder zweite aktiv verwaltete Aktienfonds in Europa in den vergangenen zehn Jahren fusioniert oder eingestellt. Der Hauptgrund dafür ist die im Vergleich zum Index schlechte Leistung des Fondsmanagers. Um die Wertentwicklung nicht zu verzerren, werden in die Untersuchung alle Fonds einbezogen, die zu Beginn des Untersuchungszeitraums am Markt waren.
Die SPIVA-Studie für Europa untersucht seit zehn Jahren die Ergebnisse von Fondsmanagern für einen Zeitraum von ein bis zehn Jahren und stellt diese den entsprechenden Vergleichsindizes gegenüber. Berücksichtigt werden aktiv verwaltete Fonds, welche in Europa angeboten werden. Der S&P Germany BMI enthält alle börsennotierten Unternehmen mit Sitz in Deutschland und einer Marktkapitalisierung von mindestens 100 Millionen Dollar.