Raiffeisen will Pierin Vincenz’ Pension beschlagnahmen
Drei Lebensversicherungspolicen in Höhe von 4,5 Millionen Franken sollen dem Ex-Bankchef und seiner Ex-Frau weggenommen werden. Immerhin: Ein neues Strafverfahren ist er losgeworden.
Wovon lebt eigentlich Pierin Vincenz? Diese Frage stellt sich seit Jahren. Der ehemalige Raiffeisen-Chef selbst behauptet, er lebe von der AHV. Die Liste seiner beschlagnahmten Konten, Liegenschaften und Bargeldvermögen füllte in der Anklage der Zürcher Staatsanwaltschaft wegen Betrugs und weiterer mutmasslicher Delikte drei Seiten und umfasste Vermögenswerte in Höhe von 20 Millionen Franken.
Villa in Teufen wird verkauft
Und alle wollen Geld von Vincenz: Peter Spuhler, Bahnpatron und SVP- Politiker, hat Vincenz mit einem Darlehen von 6,5 Millionen Franken ausgeholfen, als Raiffeisen dessen Villa in Teufen AR nicht mehr finanzieren wollte. Inzwischen will Spuhler sein Geld zurück, der Verkaufsprozess ist eingeleitet, aber Vincenz’ Haus lässt sich nicht zum geforderten Preis verkaufen. Er wartet noch immer auf die Rückzahlung.
Dölf Früh, Ostschweizer Unternehmer und ehemaliger Präsident des Fussballclubs St. Gallen, wartet auf die Rückzahlung seines Darlehens von rund 4,3 Millionen Franken. Die Zürcher Staatsanwaltschaft, die Kreditkartenfirma Viseca und nicht zuletzt Vincenz’ ehemalige Arbeitgeberin Raiffeisen warten ebenfalls auf viel Geld. Vor dem Strafprozess im vergangenen Jahr hiess es, Vincenz habe Schulden in Höhe von 23 Millionen Franken angehäuft.
Raiffeisen verliert die Geduld
Vincenz selber scheint davon nicht allzu viel zu spüren. Jedenfalls geht er zum Golfen nach Mallorca, zum Segeln nach Kroatien und lebt meist komfortabel in einem seiner zwei Häuser im Tessin. Eines kommt wohl demnächst unter den Hammer (siehe Bericht der SonntagsZeitung von letzter Woche).
Jetzt wird es Raiffeisen offensichtlich zu bunt. Sie beantragt vor dem Zürcher Obergericht, dass drei Lebensversicherungspolicen von Vincenz bei der Helvetia-Versicherung zu beschlagnahmen seien. Das geht aus einem Gerichtsbeschluss vom 27. September hervor, der der SonntagsZeitung vorliegt.
Vincenz hatte in seiner Zeit als Raiffeisen-Chef und später als Verwaltungsratspräsident bei Helvetia hohe Vorsorgeguthaben angehäuft. Im Verlauf der Gerichtsverhandlung kam heraus, dass er sich ein Guthaben bei der Helvetia-Pensionskasse in Höhe von 11 Millionen Franken vorzeitig auszahlen und davon 2 Millionen Franken an seine Ex-Frau Nadja Ceregato überweisen liess.
Die Anwälte des Kreditkartenunternehmens Viseca, der früheren Aduno, liessen die Gelder sofort sperren – als Sicherheit für ihre Forderungen von rund 8 Millionen Franken. Ebenfalls gesperrt wurden 4,5 Millionen, die heute noch für Vincenz bei der Helvetia bereitliegen. Vor einem Jahr wurde aber nach einem Nachtragsurteil der Anteil von Ceregato wieder freigegeben.
Nun versucht additionally Raiffeisen, die Hand auf die Lebensversicherungspolicen im Wert von 4,5 Millionen Franken zu legen. Aus dem Gerichtsbeschluss geht weiter hervor, dass die Tochter des verstorbenen und in erster Instanz verurteilten Vincenz-Geschäftspartners Peter Wüst eine Ferienwohnung in Locarno verkaufen darf. Das Geld aus dem Erlös bleibt aber weiterhin gesperrt. Auch hier hat Raiffeisen Ansprüche geltend gemacht.
Zweites Strafverfahren eingestellt
Eine gute Nachricht für Vincenz gibt es aber doch: Die Staatsanwaltschaft Zürich hat unlängst ein Verfahren eingestellt. Das Geheimverfahren, das die SonntagsZeitung Anfang Juli öffentlich machte, betraf neben Vincenz seinen Geschäftspartner Beat Stocker, den Gründer der Finanzprodukteanbieterin Leonteq, Jan Schoch, und den derzeitigen Leonteq-Chef Lukas Ruflin.
Das Verfahren stand im Zusammenhang mit einer Kapitalerhöhung von Leonteq im Sommer 2014. Die Staatsanwaltschaft hatte ursprünglich hinreichende Verdachtsgründe, dass es dabei zu heimlichen Geldflüssen gekommen sein könnte. Im Raum stand der Vorwurf von Betrug oder ungetreuer Geschäftsbesorgung.
Die Vorwürfe sind offenbar vom Tisch. Erich Wenzinger, Sprecher der Zürcher Oberstaatsanwaltschaft, bestätigt: «Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich hat die Untersuchung betreffend Vorgänge im Zusammenhang mit der Akquisition der Leonteq AG durch die Raiffeisen Schweiz Genossenschaft mit Verfügung vom 25. September 2023 eingestellt. Die Verfügung ist noch nicht rechtskräftig, der Versand an die Parteien fand am Mittwoch, 4. Oktober 2023, statt.»
Nicht davon betroffen sind die Vorwürfe aus dem ersten Strafverfahren, für die Vincenz im April 2022 zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren und neun Monaten und zusätzlich zu einer bedingten Geldstrafe von 850’000 Franken verurteilt worden conflict. Gegen das Urteil hat Vincenz Einspruch erhoben. Die Berufungsverhandlung vor dem Obergericht wird im nächsten Frühjahr erwartet.
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