In den USA zeichnet sich eine handfeste Krise am Gewerbeimmobilienmarkt ab. Auch deutsche Banken geraten deswegen unter Druck. Erinnerungen an die Finanzkrise von 2008 werden wach – zu Recht?
München – Eine Folge der Corona-Pandemie trifft die USA gerade mit ziemlicher Wucht – und hat Auswirkungen bis nach Deutschland: Der Gewerbeimmobilienmarkt ist praktisch zusammengebrochen und die neue Immobilienkrise setzt nicht nur US-Banken zu.
Homeoffice-Development in den USA sorgt für Immobilienkrise
Denn in den USA hat sich der Development zum Homeoffice stärker durchgesetzt als in Deutschland, viele Büros stehen leer. So betrug die Büroauslastung im Januar 2023 in den zehn größten Städten der USA nur rund 50,4 Prozent, berichtet die Washington Publish. Und es zeichne sich keine steigende Tendenz ab.
Die Eigentümer der betroffenen Immobilien – meist Banken – stehen nun vor mehreren großen Problemen: Sie müssen mit einem Anstieg der Zinssätze, höheren Leerstandsquoten sowie einer Welle von Darlehen, die in diesem Jahr finanziert werden müssen, fertig werden.
Dies zwang unter anderem die Aktien der US-Regionalbank New York Community Bancorp (NYCB) in die Knie. Die Ratingagentur Moody’s stufte die Bonität der Financial institution am Dienstagabend auf die Stufe „Junk“ (deutsch: „Müll“) herab – das heißt, dass ein hohes Ausfallrisiko besteht.
Deutsche Pfandbriefbank von Immobilienkrise erfasst
Auch andere Banken, die im US-Gewerbeimmobilienmarkt investiert sind, geraten unter Druck. Dazu gehören auch deutsche Banken wie die Deutsche Financial institution und die Deutsche Pfandbriefbank (pbb). Letztere teilte am Mittwoch mit, dass sie einem Gewinneinbruch auf 90 Millionen Euro vor Steuern im vergangenen Jahr am unteren Ende ihrer im November drastisch zusammengestrichenen Ergebnisprognose gelandet sei.
Grund dafür ist die im vierten Quartal verdoppelte Risikovorsorge: Insgesamt hat die pbb im vergangenen Jahr 210 bis 215 Millionen Euro für mögliche Kreditausfälle zurückgestellt, Ende September waren es erst 104 Millionen. „Trotz dieser Belastungen bleibt die pbb dank ihrer Finanzstärke weiterhin profitabel – selbst in der größten Immobilienkrise seit der Finanzkrise“, erklärte die Financial institution in Garching bei München. Im vierten Quartal rutschte sie allerdings knapp in die roten Zahlen.
Die pbb-Aktie fiel nach der Mitteilung um bis zu sechs Prozent auf ein Allzeittief von 4,65 Euro. Nicht geholfen hat dabei die Nachricht des US-Nachrichtendienstes Bloomberg, dass Analysten von Stanley Morgan empfohlen hätten, Anleihen der Deutschen Pfandbriefbank wegen ihres Engagements auf dem US-Gewerbeimmobilienmarkt zu verkaufen. Dabei berufe sich das Portal auf „mit der Sache vertraute Personen“, Morgan Stanley wollte den Bericht aber nicht kommentieren.
Deutsche Financial institution: „Wir werden Verluste nicht ganz vermeiden können“
Auch die Aktien der Deutschen Financial institution sind durch die Immobilienkrise unter Druck geraten. Diese verloren am Mittwoch zeitweise mehr als vier Prozent an Wert, berichtet das Handelsblatt. Das Portfolio der Financial institution am US-Immobilienmarkt belaufe sich auf 17 Milliarden Euro, 41 Prozent davon sind Gewerbeimmobilien. Damit ist die Deutsche Financial institution unter den heimischen Instituten dort mit der höchsten Summe investiert.
„Wir glauben, dass unser Portfolio eine relativ hohe Qualität aufweist, aber auch wir werden Verluste nicht ganz vermeiden können“, sagte Finanzchef James von Moltke laut der Zeitung vor kurzem bei der Bilanzpressekonferenz. Er gab dabei zu, dass die Ausfälle im ersten und zweiten Quartal 2024 „weiterhin höher sein werden, als wir es gerne hätten“.
„Bei Gewerbeimmobilien könnte es noch mehr Schmerz geben“
Auch andere deutsche Banken wie die Aareal Financial institution, die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) oder die Landesbank Baden-Württemberg sind am US-Gewerbeimmobilienmarkt unterwegs. Das lässt Erinnerungen an die globale Finanzkrise von 2008 wach werden. Damals strauchelten deutsche Landesbanken wegen ihrer Investitionen in Subprime-Hypotheken in den USA, die zu Milliarden von Euro an Abschreibungen führten. „Man muss vorsichtig sein, da man nicht genau weiß, wo die Talsohle liegt“, sagte Raphael Thuin, Leiter der Kapitalmarktstrategien bei Tikehau Capital, gegenüber finanzmarktwelt.de. „Wir sind uns bewusst, dass es bei Gewerbeimmobilien noch mehr Schmerzen geben könnte.“
„Es gibt ernsthafte Bedenken auf dem US-CRE-Markt“, sagte Paul van der Westhuizen, Kreditstratege der Rabobank, dem Portal weiter. „Für die größeren US-amerikanischen und europäischen Banken ist das kein Drawback, aber die kleineren, auf Immobilien spezialisierten deutschen Banken leiden ein wenig darunter. Momentan ist es für sie allerdings eher ein Rentabilitäts- als ein Solvenzproblem. Sie verfügen über ausreichend Kapital und sind der Gefahr eines Einlagenabflusses weniger ausgesetzt als reine Retailbanken.“
Mit Materials von Reuters